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Generation X, Y, Z? Ist der Generationenbegriff eigentlich noch zeitgemäß?

Welcher Generation gehören Sie an? Der „Generation Z“, den „Millennials“ oder den „Babyboomern“? Bezeichnungen wie diese begegnen uns an allen Ecken und Enden, auch in der Arbeitswelt. Sie sind fest in unserem Verständnis verankert und Unternehmen richten ihre Recruiting- oder Employer-Branding-Maßnahmen zum Teil danach aus.

Doch ist der Generationenbegriff in unseren Zeiten des rasanten technologischen, sozialen und wirtschaftlichen Wandels überhaupt noch tragfähig? Schließlich umfasst eine Generation typischerweise einen Zeitraum von 25 bis 30 Jahren – und was tut sich mittlerweile nicht schon alles in nur einem einzigen Jahr oder gar einem Jahrzehnt? Längst wird daher diskutiert, die starren Generationskategorien aufzulösen und stattdessen von Lebensphasen zu sprechen.

Was es damit auf sich hat und wie Unternehmen auch jenseits des Generationendenkens auf die Bedürfnisse einer diversen Belegschaft eingehen können, wollen wir in diesem Beitrag einmal näher beleuchten.

Der Generationenbegriff – top oder Flop?

In der Genealogie wird eine Generation oft als der Abstand zwischen der Geburt eines Elternteils und der seines Kindes definiert, während in der Soziologie und Geschichte eine Generation auch als eine Gruppe von Menschen beschrieben wird, die in einem ähnlichen Zeitraum geboren wurden und durch gemeinsame historische oder kulturelle Erfahrungen geprägt sind. So erlebten beispielsweise die sogenannten „Babyboomer“ das Wirtschaftswunder und den Aufstieg der Wohlstandsgesellschaft, während die „Millennials“ in Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung aufwuchsen. Die „Generation Z“ wiederum wurde in eine Welt hineingeboren, in der das Internet allgegenwärtig ist.

Dieser Ansatz wird jedoch auch in Frage gestellt. So argumentiert beispielsweise der Soziologe Martin Schröder auf Basis seiner Studien, dass die Vorstellung von klar abgrenzbaren Generationen wissenschaftlich nicht haltbar sei. Seine zentrale These lautet, dass sich Unterschiede in den Einstellungen und Verhaltensweisen der Menschen nicht durch das Geburtsjahr, sondern vor allem durch zwei Faktoren erklären lassen:

  1. Alterseffekte: Einstellungen verändern sich im Laufe des Lebens. Jüngere Menschen denken anders über Arbeit, Familie oder Politik als ältere, aber das hängt eher mit ihrer Lebensphase als mit ihrer Generation zusammen.
  2. Periodeneffekte: Zeitgeist und historische Ereignisse prägen ganze Gesellschaften zu bestimmten Zeiten. Menschen entwickeln ähnliche Einstellungen, weil sie in derselben Epoche leben, nicht weil sie derselben Generation angehören.

Das Fazit des Soziologen: Der Generationenbegriff ist eher ein soziales Konstrukt als eine empirisch haltbare Kategorie. Die Unterschiede innerhalb einer Generation sind oft größer als zwischen verschiedenen Generationen.

Lebensphasen statt Generationen: ein dynamischeres Modell

Eine Alternative zum Generationenmodell ist das Konzept der Lebensphasen. Auch dieses Modell geht davon aus, dass es nicht das Geburtsjahr ist, das Menschen prägt, sondern die aktuelle Lebensphase die Menschen prägt. Diese ist oft durch gemeinsame Herausforderungen oder Prioritäten geprägt – sei es der Berufseinstieg, die Familiengründung oder der Übergang in den Ruhestand.

Der Vorteil dieses Modells liegt darin, dass es flexibler auf individuelle Unterschiede eingehen kann. Menschen in der gleichen Lebensphase teilen oft ähnliche Bedürfnisse und Erwartungen, unabhängig von ihrem Alter. Ein*e Berufseinsteiger*in in den 40ern kann vor den gleichen Herausforderungen stehen wie eine Person mit Mitte 20, die nach dem Studium ins Berufsleben startet. Ebenso können Menschen im „besten Alter“, sei es mit 50 oder 60 Jahren, durch eine berufliche Neuorientierung oder Weiterbildung vor neuen Herausforderungen stehen. Und auch umgekehrt: Längst nicht mehr sind es nur Vertreter*innen der Babyboomer-Generation, die sich im Alter hin eine reduzierte Arbeitszeit wünschen – im Gegenteil: Der aktuelle Boom der 4-Tage-Woche zeigt, dass auch Jüngeren einer Reduzierung ihres Arbeitspensums offen gegenüberstehen bzw. diese sogar einfordern. Das heißt: Nicht in Generationen, sondern in Lebensphasen gedacht, können Unternehmen ihre (potenziellen) Mitarbeiter*innen sehr viel gezielter anhand ihrer beruflichen und privaten Bedürfnisse ansprechen und unterstützen.

Hier sind einige zentrale Aspekte, auf die Unternehmen künftig achten sollten:

1. Individualisierte Entwicklungsangebote

Unternehmen sollten Angebote schaffen, die sich nicht an der Altersgruppe, sondern an der jeweiligen Lebensphase der bzw. des Mitarbeitenden orientieren. Für Berufseinsteiger*innen, unabhängig vom Alter, können Mentoringprogramme und Weiterbildungen im Vordergrund stehen, während erfahrenere Mitarbeiter*innen vielleicht eine Führungsposition anstreben oder ihr Wissen auf andere Art und Weise an die weniger Erfahrenen weitergeben möchten.

2. Flexible Arbeitsmodelle

Arbeitszeit- und Arbeitsplatzflexibilität ist über alle Generationen hinweg ein wichtiger Faktor für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz. Konzepte wie die 4-Tage-Woche, Hybrid Work oder Workations tragen dem Rechnung. Bei der 4-Tage-Woche wird in der Regel auch die Gesamtarbeitszeit reduziert, Hybrid Work ermöglicht das Arbeiten teils im Homeoffice und Workations die zeitweise Verlegung des Arbeitsplatzes an jeden beliebigen Ort in der Welt.

3. Diversität und Inklusion

Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels kann eine altersgemischte Belegschaft eine große Stärke für Unternehmen sein und sollte aktiv gefördert werden. Dazu müssen Stereotype abgebaut und Vorurteile vermieden werden. Junge Menschen sollten nicht als ungeduldig und technikversiert und ältere Kolleg*innen nicht als technikfremd und veränderungsscheu abgestempelt werden. Eine Unternehmenskultur, die Altersdiversität und gegenseitige Inklusion fördert, schafft ein positives Arbeitsumfeld für alle – und hält Talente, gleich ob alt oder jung, im Unternehmen.

4. Wertschätzung von Erfahrung und frischem Denken

In altersgemischten Teams treffen unterschiedliche Erfahrungs- und Wissensstände aufeinander. Das kann zu Reibungen führen, aber richtig gelenkt auch zu wertvollen Synergien. Unternehmen sollten Plattformen schaffen, die den Wissensaustausch fördern – zum Beispiel durch Reverse-Mentoring-Programme, bei denen technikaffine Mitarbeitende ihr digitales Know-how weitergeben, während andere wiederum ihre spezifischen Erfahrungen und Kenntnisse teilen.

5. Altersunabhängige Karriereentwicklung

Es ist wichtig, dass die berufliche Entwicklung nicht vom Alter abhängt, sondern von den Fähigkeiten und Interessen. Unternehmen sollten Weiterbildungs- und Entwicklungsprogramme anbieten, die für Mitarbeitende jeden Alters zugänglich sind. Dies schafft eine Kultur, in der Mitarbeitende ihre berufliche Laufbahn flexibel gestalten können, zum Beispiel durch den Einstieg in neue Verantwortungsbereiche, aber ebenso auch durch Weiterbildung oder berufliche Neuorientierung innerhalb des Unternehmens.

Fazit

Es erscheint immer weniger sinnvoll, Mitarbeitende in starre Generationenkategorien einzuteilen. Stattdessen sollten Unternehmen darauf achten, die individuellen Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden in der jeweiligen Lebensphase zu verstehen und zu unterstützen. Dieser Ansatz hilft dabei, eine vielfältige und inklusive Unternehmenskultur zu schaffen, in der alle Mitarbeitenden ihr volles Potenzial entfalten können.

Letztendlich geht es vielleicht gar nicht so sehr darum, ob in Generationen oder Lebensphasen gedacht wird, sondern darum, dass Unternehmen die Komplexität und Diversität ihrer Belegschaft anerkennen und mit maßgeschneiderten Angeboten auf deren jeweilige Bedürfnisse eingehen. Der Erfolg in der modernen Arbeitswelt hängt auch davon ab, wie gut ein Unternehmen diese Herausforderung meistert.

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