Eine Aufgabe „in Angriff“ nehmen, eine „Zielgruppe erobern“ oder „das Problem ist …“ – wer etwas genauer hinhört, entdeckt, dass unsere Arbeitssprache voller negativer oder sogar martialischer Redewendungen steckt. Dabei sollte eine achtsame Kommunikation in der modernen Arbeitswelt und speziell im Personalwesen doch eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Ein positiv geprägter Sprachstil fördert nicht nur das Wohlbefinden aller Beteiligten, sondern trägt auch zu einem konstruktiven und reibungslosen Arbeitsablauf bei. Nicht umsonst beschäftigt sich die Kommunikationspsychologie schon lange mit der Frage, wie Menschen im beruflichen Kontext „besser“ miteinander sprechen können.
Das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation
Zu den Vertreter*innen dieser Disziplin zählt unter anderem der Amerikaner Marshall B. Rosenberg mit seinem in den 1960er Jahren entwickelten Konzept der Gewaltfreien Kommunikation (GFK). Bekannt wurde dieses Modell auch als „Giraffensprache“, die Rosenberg der „Wolfssprache“ gegenüberstellt: Während die Giraffe über ein wahrhaft großes Herz verfügt, einfühlsam spricht und zuhört, produziert der bissige Kommunikationsstil des Wolfes Verurteilung, Beschuldigung und Scham.
Gewaltfreie Kommunikation basiert auf den vier Komponenten „Beobachtung“, „Gefühle“, „Bedürfnisse“ und „Bitten“. Ziel dieser Viererkette ist es, unsere eigenen negativen Kommunikationsmuster zu erkennen und zu durchbrechen, indem wir eine Situation zunächst beobachten und beschreiben, dann das durch die Situation in uns ausgelöste Gefühl und Bedürfnis identifizieren und dieses dann als Bitte an unser Gegenüber vermitteln.
Zusammengefasst sieht eine solche Viererkette wie folgt aus:
- Wir sehen oder hören etwas – und teilen unsere Beobachtung der betreffenden Person mit.
- Wir sprechen zudem aus, wie wir uns mit dem Beobachteten oder Gehörten fühlen.
- Wir sagen, welches Bedürfnis hinter diesen Gefühlen steckt.
- Wir formulieren eine spezifische Bitte, was wir uns von unserem Gegenüber wünschen, damit die Situation unserer eigenen Wahrnehmung entsprechend gut wird.
Diese Viererkette hilft uns, in einen produktiven Dialog zu kommen. So führt ein typischer Bürosatz – nach diesem Muster weitergesprochen – beispielsweise auf diese Weise zum Ziel: „Ich habe dich gestern um ein Feedback gebeten … wenn ich dazu nichts von dir höre, gerate ich unter Stress … weil ich mit meiner Aufgabe, um die es dabei geht, weiterkommen möchte … wäre es daher nicht eher im Sinne des Projekts, wenn wir verabreden, dass wir immer innerhalb einer Stunde auf eilige Anfragen antworten?“
Umgekehrt geht es bei der Gewaltfreien Kommunikation darum, sich in andere hineinzufühlen, das heißt: unsere empathische Aufmerksamkeit darauf zu richten, was unsere Gesprächspartner*innen aus unseren Worten heraushören, wie sie sich dabei fühlen, welche Bedürfnisse hinter diesen Gefühlen stecken und welche Wünsche sie an uns haben. Die Gewaltfreie Kommunikation funktioniert somit in beide Richtungen: sich einerseits selbst lösungsorientiert auszudrücken und gleichzeitig empathisch zuzuhören.
Das Kommunikationsquadrat: die vier Seiten einer Nachricht
Einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zu einem besseren Verständnis zwischen Sender und Empfänger setzte wenig später Friedemann Schulz von Thun mit seinen Beiträgen unter dem Titel „Miteinander reden“. Hier entwickelte er das sogenannte Kommunikationsquadrat als Modellstück der zwischenmenschlichen Kommunikation. Damit lassen sich Mitteilungen analysieren und Kommunikationsstörungen aufdecken.
Ein praktisches Beispiel zur Anwendung dieses Modells in der Arbeitswelt sieht – frei nach dessen Erfinder – beispielsweise so aus:
Führungskraft A sagt zu Mitarbeitendem B: „Ich habe heute fünfmal bei dir angerufen.“ Der Sachverhalt dieser Mitteilung ist klar. Was jedoch im Dunkeln bleibt, ist, was A zu B wirklich sagen will: Will A beispielsweise seiner Enttäuschung Ausdruck verleihen, dass er B heute nicht nur fünfmal angerufen, sondern auch fünfmal nicht erreicht hat? Oder steckt in der Botschaft ein Vorwurf, die implizite Frage danach, wo B sich eigentlich den ganzen Tag herumgetrieben hat, anstatt an seinem Arbeitsplatz zu sein? Oder möchte der Sender einfach seinen eigenen Eifer unter Beweis stellen und zeigen, dass er im Gegensatz zu B einer ist, der nicht lockerlässt? Der Interpretationsspielraum der Botschaft bleibt B überlassen – und je nachdem, was dieser dabei heraushört, entscheidet sich, ob aus der ursprünglichen Mitteilung ein freundliches oder unfreundliches Gespräch entsteht.
Sachinhalt, Appell, Beziehung, Selbstoffenbarung: Das Kommunikationsquadrat zeigt, was alles in ein und derselben Mitteilung stecken kann. Das macht es für die Sprechenden so wichtig, die eigene Botschaft zu ordnen und für das Gegenüber richtig einzuordnen – und für die Hörenden gilt es, zu analysieren, mit welchem Ohr (dem Sach-, dem Beziehungs-, dem Selbstoffenbarungs- oder dem Appell-Ohr) das Gesagte aufgenommen wurde. Stimmen Gesagtes und Gehörtes in diesem Sinne überein, ist die Kommunikation effektiv und konstruktiv.
Aktives Zuhören ist ein geeignetes Hilfsmittel, um dieses Ziel zu erreichen, denn es dient dazu, Missverständnisse zu vermeiden. Es funktioniert so, dass wir das, was wir vom Sender verstanden haben, noch einmal mit unseren eigenen Worten an ihn zurückspiegeln. Es ist also eine Art kommunikatives „Ping-Pong“, um sicherzustellen, einander richtig verstanden zu haben.
Nicht meckern, sondern machen
An Ansätze wie diese knüpfen auch neueste Kommunikationsmodelle an. So hat das Onlinemagazin „Neue Narrative“ in kürzester Zeit gleich zweimal untersucht, wie wir unsere „kriegerisch“ geprägte Arbeitssprache durch friedlichere Formulierungen und negativ geprägte Phrasen durch eine achtsame Kommunikation ersetzen können.
Möglichkeiten der Transformation kriegerischer in freundliche Formulierungen sind zum Beispiel:
- „Ich habe richtig Lust, mit der Aufgabe jetzt anzufangen“ (anstatt „Ich nehme die Aufgabe jetzt in Angriff“)
- „Ich möchte nächste Woche eine wichtige Sache mit dir besprechen“ (anstatt „Ich habe nächste Woche ein Attentat auf dich vor“)
- „Die HR-Abteilung braucht schnelle Hilfe“ (anstatt „Die HR-Abteilung hat Alarm geschlagen“)
- „Wir sollten alle wichtigen Perspektiven im Blick haben“ (anstatt „Wir müssen an allen Fronten kämpfen“)
Eine weitere Methode, vom „Meckern zum Machen“ zu kommen, besteht darin, zunächst dieser Fragenreihe zu folgen:
- Was ist der negative Gedanke?
- Was ist die zugrunde liegende Spannung?
- Was wäre der Idealzustand?
- Was kann ich konkret tun, um den Idealzustand zu erreichen?
Die Beantwortung dieser Fragen leitet dann automatisch in eine lösungsorientierte Sprache über, die unter anderem diese Formulierungen nutzt:
- „Ich werde …“
- „Mein Ziel ist …“
- „Was ich brauche: …“
- „Um … zu erreichen, werde ich …“
Fazit
Nicht nur im Privaten, sondern ebenso im Arbeitsleben führt ein positiver Sprachstil dazu, dass wir uns buchstäblich besser verstehen. Und das wiederum trägt dazu bei, Probleme gar nicht erst entstehen zu lassen und unsere Ziele schneller, einfacher und reibungsloser zu erreichen. Es lohnt sich also, auf die eigenen Sprachmuster zu achten und eine achtsame Kommunikation so lange zu trainieren, bis sie uns ganz selbstverständlich über die Lippen kommt.