Mitarbeitendenführung ist eines der wichtigsten Themen, wenn es um Effizienz im Unternehmen geht. Fühlen sich Mitarbeitende unwohl, nicht wertgeschätzt oder unter- bzw. überfordert, beeinflusst das unmittelbar ihre Motivation und Leistung. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Marktforschungsunternehmens Respondi im Auftrag des Karriereportals Joblift unter rund 1.050 Beschäftigten: Bei 71 Prozent aller Befragten erhöht Unzufriedenheit mit der Führungskraft die Bereitschaft, den Job zu wechseln, 60 Prozent schauen sich aktiv nach neuen Stellen um. Auch die Leistung wird beeinflusst. So gab ein Drittel der Arbeitnehmer*innen an, unter ihrer Wunschführungskraft mindestens 50 Prozent produktiver zu sein. Doch wie geht gute Führung? Hierzu gibt es etliche Konzepte und Theorien. Eine der relevantesten ist: Mitarbeitende fördern und fordern. Wir haben im Folgenden drei Ansätze näher beleuchtet.
Lob macht gesund
Für Arbeitnehmer*innen ist es überaus wichtig, Wertschätzung zu erfahren. Der alte Spruch „Nicht geschimpft ist Lob genug“ sollte schon lange aus den Köpfen von Führungskräften verschwunden sein – in der Praxis sieht es oft noch anders aus. Dabei zeigt eine kürzlich durchgeführte Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) ganz klar, wie relevant Zuspruch und Anerkennung sind. Von der Gruppe der Befragten, die sich von ihren Vorgesetzten unterstützt fühlen, gaben 54 Prozent an, unter hohem Stress und Termindruck zu leiden. In der Gruppe, die nie bis selten Lob erfährt, sind es hingegen ganze 75 Prozent. Aus der ersten Gruppe leiden 63 Prozent an Erschöpfungssymptomen wie Müdigkeit, Reizbarkeit oder Schlafstörungen – in der Vergleichsgruppe sind es sogar 83 Prozent. Diese Ergebnisse sprechen dafür, als Vorgesetzte*r den Mitarbeitenden Wertschätzung entgegenzubringen und sie zur offenen Kommunikation von Fehlern und Problemen zu ermutigen. Das wirkt sich nachweislich auf ihre Gesundheit und Leistungsfähigkeit aus.
Die Fördern-Fordern-Matrix
Klar ist: Es kann nicht immer nur Zuckerbrot geben. Die Mischung macht’s und somit muss auch gefordert werden – aber im richtigen Maße. Genau dieses versucht Unternehmer und Business Coach Dr. Manfred Winterheller in seiner Fördern-Fordern-Matrix zu beschreiben. Das Verhalten, anderen zu helfen, bezeichnet er als „fördern“. Verstärkt auf die eigenen Bedürfnisse zu achten bzw. im Umkehrschluss den Mitarbeitenden etwas abzuverlangen, definiert er als „fordern“. Im Optimalfall halten sich beide Eigenschaften die Waage. Lobt ein Chef immerzu und nimmt seinen Unterstellten alle Aufgaben und Verantwortungen ab, so unterfordert er sie. Die Folgen sind gelangweilte Mitarbeitende und Vorgesetzte, die ihr Pensum nicht bewältigen können. Wer sein Team überfordert, Leistung als selbstverständlich ansieht und Wertschätzung außer Acht lässt, verheizt es und landet schnell in einer Abwärtsspirale.
Häufig ist die erste Intuition das Zurückfahren der vermeintlich fehlerhaften Handlung, also deutlich weniger zu fördern bzw. zu fordern. Doch genau das ist Winterheller zufolge der falsche Weg. Denn werden Mitarbeitende einseitig weniger gefördert, fühlen sich diese umso schneller überlastet. Wird nur weniger gefordert, steigt wiederum die Gefahr, dass sie in einen Alltagstrott geraten und Motivation sowie Eigenantrieb sinken. Es gilt also, nicht das augenscheinlich falsche Verhalten zu vermeiden, sondern das zu schwach ausgeprägte aufzustocken. Das ist in der Praxis natürlich nicht immer einfach, doch je mehr sich Fördern und Fordern auf einem (bestenfalls hohen) Level annähern, desto mehr Leistungspotenzial kann in Mitarbeitenden geweckt werden.
Sich selbst aus dem Fokus nehmen
Es ist fast schon ein Stereotyp: das Bild der gestressten, überarbeiteten Führungskräfte. Termindruck, hohe Auslastung und die Verantwortung für Mitarbeitende und Unternehmenserfolge lasten oft schwer auf ihnen. Doch häufig ist es ein selbstgeschaffenes Problem, so Leadership-Experte Dr. Holger Schmitz. Denn viele Führungskräfte halten sich für unabkömmlich, arbeiten zu viel im Tagesgeschäft, anstatt Aufgaben vertrauensvoll zu delegieren, und lösen aus Zeitgründen Probleme nur oberflächlich, anstatt ihrem Kern auf den Grund zu gehen. Einerseits verstärkt dieses Verhalten die Schwierigkeiten eher, als dass sie behoben werden. Beispielsweise kann es dazu kommen, dass sich Mitarbeitende durch fehlende Einbindung immer mehr zurückziehen und die bzw. der Vorgesetzte somit zunehmend mehr Aufgaben übernehmen muss. Andererseits rückt sich die Führungskraft durch ihr Verhalten in den Fokus, alles dreht sich um sie. Das erhöht ihren eigenen Stressfaktor und gleichzeitig werden die Mitarbeitenden aus den Augen verloren. Dabei wäre es nach Schmitz wichtig, genau hier anzusetzen, sich selbst zurückzuziehen (bspw. aus dem Tagesgeschäft) sowie die Mitarbeitenden zu aktivieren und zugunsten der eigenen Entlastung stärker einzubinden.
Als Führungskraft sollten Sie ihr Können erkennen, für sich nutzen und ihnen damit ihren eigenen Wert aufzeigen – eine Win-win-Situation. Wenn Sie respektvoll mit Ihren Angestellten auf Augenhöhe kommunizieren, ihnen vertrauen, aber gleichzeitig auch etwas zutrauen, schaffen Sie Rahmenbedingungen, in denen Mitarbeitende eigeninitiativ und voller Elan ihre Aufgaben bewältigen.
Wer seinem Team mehr Kompetenzen einräumt und das Know-how bspw. durch Fortbildungen ausbaut, stärkt es. Und je stärker ein Mitarbeitender, desto mehr kann der Person zugetraut werden, was ihr wiederum erneut Aufschwung und Motivation zur Weiterentwicklung gibt.
Auch in diesem Ansatz zeigt sich: Durch das Fordern der bzw. des Vorgesetzten bzw. die Aktivierung der Mitarbeitenden kann das Leistungspotenzial eines Teams sukzessive gesteigert werden – zumindest solange gleichzeitig Wertschätzung und Vertrauen (also Förderung) auf gleichem Niveau an der Tagesordnung sind.
Fazit
Zwischen Zufriedenheit und Leistung besteht ein direkter Zusammenhang: Wer ausgewogen und auf hohem Level gefördert und gefordert wird, performt besser und verfügt über mehr Entwicklungspotenzial. Auftrag der Führungskraft ist es, Aufgaben und Verantwortungen so zu delegieren, dass jede*r Einzelne herausgefordert, aber nicht überfordert wird, und gleichzeitig Leistungen im richtigen Maße anzuerkennen. Wer diesen – zugegeben nicht immer ganz leichten – Spagat bewältigt, profitiert von motivierten Leistungsträger*innen. Im besten Fall sinken bei guter Umsetzung auch Druck und Stresslevel der Führungskraft selbst, wenn sie auf die Fähigkeiten ihres Teams vertraut und sich in diesem Sinne auch mal selbst aus dem Fokus zieht.