Es gibt Berufsträger*innen, die auf den ersten Blick zu erkennen sind – Feuerwehrleute, Ärzt*innen oder Postbot*innen gehören dazu. Wer sich die Vertreter*innen dieser Zünfte vergegenwärtigt, hat sofort ein klares Bild vor Augen. Der Grund dafür ist einfach: ihre Kleidung. In „Zivil“ würde dieser Trick schon nicht mehr funktionieren.
Ein weiterer Bereich, in dem Kleidung zur Identifikation beiträgt, ist der Sport. So tragen Fußball-, Handball- und andere Mannschaften in der Regel die gleiche Sportkleidung. Nicht nur, dass sie sich dadurch gegenseitig schneller erkennen können, auch für Außenstehende, beispielsweise die Fangemeinde, geht von diesem Outfit eine oft geradezu magische Signalwirkung aus.
Doch nicht nur für Außenstehende, sondern auch für die Träger*innen selbst kann eine solche Berufskleidung mit einem bestimmten Ethos verbunden sein. In diesem Fall erfüllt die Kleidung einen doppelten Effekt: Sie weist die darin steckende Person als einem bestimmten Beruf zugehörig aus, und gleichzeitig identifiziert sich diese Person über ihre Kleidung mit dem Beruf, den sie ausübt. Damit geht die Kleidung hier über ihre rein praktischen Funktion hinaus ins Emotionale.
Von der Berufskleidung zur Corporate Fashion
Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass auch Unternehmen, deren Mitarbeitende weder auf Schutzkleidung angewiesen sind noch als Team gegeneinander antreten, auf die commitment-stiftende Wirkung von Kleidung setzen. Aus der „Berufskleidung“ wird dann die sogenannte Corporate Fashion, auch Corporate Wear oder Corporate Clothing genannt.
Gemeint ist damit eine für alle Mitarbeitenden gleiche Garderobe. Dabei kann es sich um ein komplettes Outfit, also eine Art Uniform handeln, aber auch um ein einzelnes Kleidungsstück, also beispielsweise ein einheitliches Shirt. In jedem Fall ist Corporate Fashion nicht (nur) mit einem praktischen Nutzen verbunden, sondern mit der gesamten Employer Brand der Firma. Sie zeichnet sich beispielsweise durch die Wahl der Unternehmensfarbe, ein aufgebrachtes Logo und ggf. weitere identifikationsstiftende Merkmale wie Claims oder bestimmte Visuals aus. Besonders interessant erscheint eine einheitsstiftende Kleidung, wenn Unternehmen und Mitarbeitende immer weiter entfernt voneinander agieren. Insbesondere für diese Unternehmen stellt sich die Frage nach dem inneren Zusammenhalt: Was können wir tun, damit sich unsere auf Distanz arbeitenden Kolleg*innen dennoch weiterhin mit unserem Unternehmen verbunden fühlen und ihm die Treue halten? Stellt Corporate Fashion hier ein probates Mittel dar? Worauf sollten Personalverantwortliche achten, wenn sie diese im Unternehmen einführen wollen? Und wie aktuell ist dieser Trend überhaupt? Das wollen wir im Folgenden einmal genauer untersuchen.
Chancen der Corporate Fashion
1. Stärkung der Mitarbeitendenidentität
Corporate Fashion kann dazu beitragen, die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen zu stärken. Einheitliche Kleidung fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl, was wiederum die Bindung erhöhen kann. Insbesondere bei extern arbeitenden Mitarbeitenden, bei Veranstaltungen wie beispielsweise Messeauftritten oder im Kundenkontakt kann Corporate Fashion dazu beitragen, das Wir-Gefühl zu stärken.
2. Professionelles Erscheinungsbild
Einheitliche Kleidung trägt zu einem professionellen Auftritt bei. Kund*innen, Geschäftspartner*innen und ebenso potenzielle neue Mitarbeitende nehmen das Unternehmen bzw. dessen Mitarbeitende als Einheit wahr. Dies kann das Vertrauen in die Arbeitgebermarke stärken und positive Assoziationen wecken.
3. Einfache Kleiderwahl
Für Mitarbeitende entfällt die tägliche Entscheidung, was sie anziehen sollen. Dies kann den morgendlichen Stress reduzieren und die Vorbereitung auf den Arbeitstag erleichtern. Einheitliche Kleidung sorgt dafür, dass alle Mitarbeitenden immer passend gekleidet sind.
4. Gleichheit und Zusammenhalt
Corporate Fashion kann soziale Unterschiede in der Kleidung ausgleichen und ein Gefühl der Gleichheit unter den Mitarbeitenden fördern. Dies kann besonders in heterogenen Teams zu einem stärkeren Zusammenhalt und Teamgeist führen.
5. Überzeugung durch Nachhaltigkeit
Gerade für die jüngere Generation kann eine Corporate Fashion zur begehrten Unternehmensmode werden, wenn sie nachhaltig produziert wurde. Natürliche oder recycelte Materialien, Produktion unter menschenwürdigen und arbeitsrechtlich akzeptablen Bedingungen, Fair Trade oder im besten Falle sogar aus der Hand einer/eines regionalen Designer*in können hier überzeugende Merkmale sein.
Mögliche Nachteile der Corporate Fashion
1. Einschränkung der individuellen Freiheit
Ein kritischer Aspekt von Corporate Fashion ist die Einschränkung der persönlichen Ausdrucksfreiheit. Mitarbeitende könnten sich in ihrer Kreativität und Individualität, die sie auch über ihre Kleidung definieren, eingeschränkt fühlen. Dies wiederum kann sich negativ auf ihre Zufriedenheit und Motivation auswirken.
2. Kostenfaktor
Die Einführung von Corporate Fashion kann mit erheblichen Kosten verbunden sein. Die Anschaffung der Kleidungsstücke, regelmäßige Nachkäufe und möglicherweise auch deren Pflege (zum Beispiel die regelmäßige Reinigung) stellen finanzielle Aufwendungen dar, die gut geplant und budgetiert werden müssen.
3. Akzeptanzprobleme
Sind Mitarbeitende von der Idee, einheitliche Kleidung zu tragen, nicht begeistert, kann dies zu Widerstand und Unzufriedenheit führen. Auch potenzielle neue Mitarbeitende könnten von der Vorstellung, in diesem Unternehmen „uniformiert“ zu werden, abgeschreckt sein.
4. Unflexibilität
Einheitskleidung kann unpraktisch sein, wenn sie nicht auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Aufgaben der Mitarbeitenden abgestimmt ist. Unterschiedliche Abteilungen können verschiedene Anforderungen an die Arbeitskleidung stellen, die nicht durch eine uniforme Lösung abgedeckt werden können.
Worauf Personalverantwortliche daher achten sollten
1. Einbeziehung der Mitarbeitenden
Vor der Einführung von Corporate Fashion sollte die Meinung der Mitarbeitenden eingeholt werden. Durch Umfragen oder Workshops können Wünsche und Bedenken berücksichtigt werden, was die Akzeptanz der neuen Kleiderordnung erhöht.
2. Funktionalität und Komfort
Die gewählte Kleidung sollte funktional und bequem sein. Sie muss den Anforderungen des Arbeitsalltags entsprechen und den Mitarbeitenden ein angenehmes Tragegefühl bieten. Material und Schnitt sind dabei sorgfältig auszuwählen.
3. Klare Kommunikation
Es ist wichtig, die Gründe für die Einführung von Corporate Fashion klar zu kommunizieren und die Vorteile hervorzuheben. Eine transparente Kommunikation hilft, Missverständnisse zu vermeiden und die Akzeptanz zu erhöhen.
4. Flexibilität
Bei der Umsetzung von Corporate Fashion sollte nach Möglichkeit eine gewisse Flexibilität gewahrt werden. Verschiedene Optionen oder Kombinationsmöglichkeiten können helfen, die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu berücksichtigen.
5. Qualität vor Quantität
Investieren Sie in qualitativ hochwertige, langlebige und pflegeleichte Kleidung. Das spart langfristig Kosten und sorgt dafür, dass sich die Mitarbeitenden wohlfühlen und die Unternehmenskleidung gerne tragen.
Corporate Fashion: Trend oder alter Hut?
Corporate Fashion wird seit vielen Jahren in verschiedenen Branchen praktiziert. Von Fluggesellschaften über Hotels bis hin zu Einzelhandelsketten – viele Unternehmen setzen auf einheitliche Kleidung, um ihre Marke zu stärken. Allerdings erlebt Corporate Fashion in den letzten Jahren eine Renaissance, da Unternehmen zunehmend die Bedeutung der Unternehmenskultur und des Employer Branding für die Mitarbeitendenbindung und -gewinnung erkennen.
In der heutigen Zeit, in der Work-Life-Balance und individuelle Freiheit eine große Rolle spielen, muss Corporate Fashion jedoch mit Bedacht eingeführt werden. Der Trend geht dahin, Corporate Fashion flexibler und moderner zu gestalten, um den Bedürfnissen der Mitarbeitenden gerecht zu werden.
Fazit
Bei Corporate Fashion halten sich Chancen und mögliche Nachteile die Waage. Personalverantwortliche sollten daher sorgfältig abwägen und die Meinungen der Mitarbeitenden einbeziehen, um eine erfolgreiche Implementierung zu gewährleisten.
Insgesamt ist Corporate Fashion nur ein Baustein in der gesamten Employer Brand des Unternehmens. Daher gilt in erster Linie, beides fein aufeinander abzustimmen und zu prüfen, ob eine Corporate Fashion überhaupt mit den anderen Bausteinen der Arbeitgebermarke – angefangen bei Ihrer Employer Value Proposition (EVP) – zu vereinbaren ist.
Gerne unterstützen wir Sie dabei, das Für und Wider einer Corporate Fashion im Gesamtkontext Ihrer Arbeitgebermarke zu entwickeln!