HR-Management heißt vor allem: Kommunikation. Gerade deshalb hat die Art und Weise, wie Personaler*innen kommunizieren, erheblichen Einfluss auf die Interaktionen mit Mitarbeitenden und Bewerber*innen. Wie wichtig dabei die Wahl der Worte und die Verwendung einer positiven Sprache sind, wird jedoch immer wieder übersehen – ein Phänomen, das unter anderem zahlreiche Kommunikationspsycholog*innen auf den Plan gerufen hat. Neben Friedemann Schulz von Thun, den wir bereits in einem vorherigen Blogbeitrag vorgestellt haben, gibt es weitere renommierte Autor*innen und Expert*innen, die sich der Bedeutung der positiven Sprache und Kommunikation verschrieben haben. Dazu gehören Marshall B. Rosenberg, der die „gewaltfreie Kommunikation“ entwickelte, oder auch Daniel Goleman, der über emotionale Intelligenz schreibt. Im Folgenden wollen wir daher die Bedeutung einer positiven Sprache im HR-Bereich näher beleuchten und konkrete Beispiele für positive Formulierungen geben.
Was ist mit „positiver Sprache“ gemeint?
Positive Sprache trägt dazu bei, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich Menschen wertgeschätzt und respektiert fühlen. Sie beeinflusst die Stimmung und das Arbeitsklima erheblich und kann weitreichende Auswirkungen haben. Gründe, warum positive Formulierungen gerade im HR-Bereich so wichtig sind, sind zum Beispiel:
- Mitarbeitendenmotivation und -zufriedenheit: Durch positive Kommunikation können Mitarbeitende ermutigt und bestärkt werden, was sich auf ihre Motivation und Zufriedenheit auswirkt.
- Konfliktlösung: Positive Sprache erleichtert die Lösung von Konflikten, da sie die beteiligten Parteien dazu ermutigt, kooperativ und konstruktiv zu denken und zu handeln.
- Mitarbeitendengewinnung und -bindung: Die Verwendung positiver Sprache in Stellenanzeigen und Bewerbungsgesprächen kann das Unternehmensimage stärken und die Anziehungskraft auf qualifizierte Bewerber*innen erhöhen. Gleichzeitig trägt sie dazu bei, bestehende Mitarbeitende langfristig an das Unternehmen zu binden.
- Führungskräfteentwicklung: Die Kommunikation zwischen HR und Führungskräften prägt die Organisationskultur. Eine positive Sprache kann dazu beitragen, dass Führungskräfte ihre Teams besser führen und motivieren können.
Im Gegensatz dazu führen negativ geprägte Formulierungen zu genau den gegenteiligen Effekten.
Beispiele für positive Formulierungen im Bewerbungs- und Mitarbeitendengespräch
Ein erster wichtiger Aspekt ist, dass positive Sprache immer konkret ist. Statt „Danke für Ihre Bewerbungsunterlagen – sobald wir sie gesichtet haben, melden wir uns“, nennt die positive Sprache einen Termin, also Tag und ggf. sogar die Uhrzeit einer Rückmeldung. Das gibt dem Gegenüber Planungs- und auch insgesamt Sicherheit.
Weitere Beispiele für negative vs. positive Sprache in Bewerbungsgesprächen sind:
Negative Formulierung: „Warum haben Sie Ihren vorherigen Job verloren?“ Positive Formulierung: „Bitte erzählen Sie uns etwas mehr über Ihre beruflichen Erfahrungen und Herausforderungen.“
Negative Formulierung: „Was sind Ihre Schwächen?“ Positive Formulierung: „In welchen Bereichen wünschen Sie sich Entwicklungspotenziale durch uns?“
Negative Formulierung: „Haben Sie Schwierigkeiten, unter Druck zu arbeiten?“ Positive Formulierung: „Wie gehen Sie damit um, wenn sich Arbeitsanforderungen erhöhen?“
Negative Formulierung: „Warum sollten wir Sie einstellen?“ Positive Formulierung: „Welche Ihrer Fähigkeiten würden Sie selbst gern betonen und wie würden diese unserem Unternehmen zugutekommen?“
Beispiele für negative vs. positive Sprache in Mitarbeitendengesprächen sind:
Negative Formulierung: „Ihre Leistung war enttäuschend.“ Positive Formulierung: „Wir glauben, dass mehr in Ihnen steckt, und wir möchten Ihnen dabei helfen, dieses Potenzial zu entfalten.“
Negative Formulierung: „Sie verfehlen ständig Ihre Deadlines.“ Positive Formulierung: „Wir möchten Sie künftig noch stärker dabei unterstützen, Ihre Arbeitsziele pünktlich zu erreichen.“
Negative Formulierung: „Sie sind oft abwesend.“ Positive Formulierung: „Wir möchten sicherstellen, dass Sie genügend Unterstützung erhalten, um Ihre Arbeitsanwesenheit zu verbessern.“
Negative Formulierung: „Ihre Teamarbeit ist mangelhaft.“ Positive Formulierung: „Lassen Sie uns gemeinsam Möglichkeiten finden, wie wir Ihre Arbeit und Kommunikation im Team verbessern können.“
Negative Formulierung: „Sie sind zu passiv in Meetings.“ Positive Formulierung: „Wir würden uns freuen, wenn Sie aktiver an unseren Besprechungen teilnehmen und Ihre Ideen und Perspektiven mit uns teilen.“
Die Beispiele zeigen: Das hilfreichste Werkzeug, um positive statt negative Aussagen zu treffen, ist, keine Vorwürfe zu machen. Es geht bei dieser Methode um die wohlwollende Sichtweise, dass Mitarbeitende (in aller Regel) Fehler nicht mit Absicht machen und dass sie (ebenfalls in aller Regel) gute Gründe für ihr Verhalten haben. Mit einem empathischen und kooperativen Gesprächsstil lassen sich die Ursachen für Fehler und bestimmte Verhaltensweisen ans Tageslicht holen und gemeinsame Lösungen erarbeiten. Die Verwendung positiver Formulierungen zeigt Wertschätzung für die Fähigkeiten und Potenziale der Bewerber*innen und Mitarbeitenden und gibt ihnen den Raum, ihrerseits positiv – anstatt zum Beispiel verärgert – reagieren und antworten zu können.
Insgesamt zeigt sich, wie entscheidend eine positive Sprache im HR-Bereich ist – gerade in Zeiten des Fachkräftemangels, wenn es darum geht, bestehende Mitarbeitende zu halten und neue Talente für sich zu gewinnen.
Aber Achtung: Wenn positive Sprache mehr Schein als Sein ist, also nur als Mittel zum Zweck genutzt wird, kann sie ihre Wirkung kaum entfalten. Schließlich haben wir alle ein ziemlich gutes Gespür dafür, ob das Gesagte auch wirklich so gemeint ist. Zudem belegen neue Studien, dass Bewerber*innen Floskeln in Stellenanzeigen schnell erkennen und deren wahren Sinn leicht dechiffrieren können.