
Personalarbeit ist Teamarbeit. Egal ob im Kontakt mit den unmittelbaren Kolleg*innen, abteilungsübergreifend oder in der Auseinandersetzung mit Mitarbeitenden – als Personaler*in haben Sie es mit den unterschiedlichsten Konstellationen zu tun. Doch Hand aufs Herz, wie sieht Teamarbeit allzu häufig aus?
Zähe Meetings, langes Schweigen und am Ende kein Ergebnis? Oder: Alle reden durcheinander, aber niemand hat so richtig etwas zu sagen – und am Ende kein Ergebnis?
Wie wäre es stattdessen hiermit: Sie betreten einen Raum voller Menschen und spüren sofort den kreativen Spirit. Die Gespräche fließen, Ideen sprudeln und jede*r scheint genau im richtigen Moment das Richtige zu tun. Kein Lärm, keine Reibereien, stattdessen eine inspirierte Einheit, die auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitet.
Was Sie in diesem Moment erleben, ist die Magie des Team-Flows. Und es stellt sich die Frage: (Wie) können Teams ganz gezielt in einen solchen Flow kommen? Welche Voraussetzungen müssen dafür geschaffen werden?
Das wollen wir uns in diesem Beitrag einmal genauer ansehen und dafür zunächst einmal erkunden, was es mit dem Flow generell auf sich hat.
Was ist ein kreativer Flow?
Der Begriff „Flow“ wurde in den 1970er Jahren von dem ungarischen Psychologen Mihály Csíkszentmihályi geprägt. Er entwickelte dieses Konzept, nachdem er festgestellt hatte, dass Menschen, die sich intensiv mit einer Tätigkeit auseinandersetzen, ein besonderes Glücksgefühl und Erfüllung erfahren. Dies geschieht, wenn die Anforderungen einer Aufgabe hoch und die Fähigkeiten der Person, die sie bearbeitet, optimal darauf abgestimmt sind. Sind wir im Flow, erleben wir einen Zustand völliger Vertiefung in unser Tun, die Zeit vergeht wie im Flug und alle Sorgen und Ablenkungen um uns herum verschwinden. Menschen im Flow haben eine hohe Konzentration, Kreativität und Produktivität.
Kein Wunder also, dass das Flow-Konzept zunehmend auch in der Berufswelt eine bedeutende Rolle eingenommen hat. Und beschränkte sich das Konzept zunächst auf den Flow des Individuums, rückte schon bald die nächste Frage ins Zentrum des Interesses: Wie können auch Teams in einen Flow kommen und dadurch ihre Produktivität erhöhen?
Team-Flow: das kollektive Eintauchen
Der Team-Flow ist mehr als die Summe der teilnehmenden Individuen. Er beschreibt den Zustand, in dem ein Team als Ganzes in einen Flow-Zustand eintaucht. Dabei arbeiten alle Mitglieder so synchron zusammen, dass ihre individuellen Beiträge nahtlos ineinandergreifen. Die Aufgaben werden schneller und effizienter erledigt, da sich jede*r auf das gemeinsame Ziel fokussiert und die eigenen Stärken optimal einbringt.
Team-Flow erfordert ein hohes Maß an Synchronisation und ein starkes Vertrauen innerhalb des Teams. Alle Beteiligten müssen ein gemeinsames Verständnis der Ziele haben und in der Lage sein, offen und klar zu kommunizieren. Die richtigen Bedingungen für Team-Flow zu schaffen, kann eine Herausforderung sein, aber die Vorteile für die Personalarbeit sind enorm.
Wie kann Team-Flow gefördert werden?
Auch hierzu gibt es mittlerweile gute Erfahrungen und Studienergebnisse. Diese fassen beispielsweise die Autoren Jef J. J. van den Hout und Orin C. Davis in ihrem Buch „Team Flow: The psychology of optimal collaboration“ (Springer, 2020) zusammen und identifizieren dabei die Aspekte Collective Ambition, Common Goal, Aligned Personal Goals, High Skill Integration, Open Communication, Safety und Mutual Commitment als Voraussetzungen für den Team-Flow.
Obwohl sich ein gelungener Team-Flow aus dem Team heraus entwickelt, braucht es natürlich eine Person, die die gemeinsame Teamarbeit anstößt und die Teams zusammenstellt. Das kann sowohl jemand sein, die/der dann selbst Teil des Teams wird. Es kann aber auch die Führungskraft sein, die ein Team für eine bestimmte Aufgabe zusammenstellt. In der anschließenden Teamarbeit gibt es dann jedoch keine Hierarchien mehr – hier zählen ausschließlich die einzelnen Fähigkeiten und das Zusammenwirken des Teams auf einer Ebene.
Zusammenfassend lassen sich optimale Rahmenbedingungen eines Team-Flows so beschreiben:
- Gemeinsame Ziele: Ein klares und gemeinsames Ziel, das allen Teammitgliedern bekannt ist und für alle gleichermaßen als erstrebenswert gilt, ist essenziell für den gelingenden Team-Flow. Das gemeinsame Ziel dient als Orientierungspunkt und motiviert, gemeinsam darauf hinzuarbeiten.
- Gleichgewicht zwischen Herausforderungen und Fähigkeiten: Die Aufgaben und Herausforderungen, denen sich das Team gegenübersieht, müssen zu den Fähigkeiten und Kompetenzen der Teammitglieder passen. Auch dafür ist es wichtig, Expert*innen, also die oben genannten „High Skills“, zum jeweiligen Thema mit im Team zu haben. Insgesamt sollte die zu lösende Aufgabe als herausfordernd, aber machbar wahrgenommen werden.
- Gegenseitiges Vertrauen und Respekt: Für Team-Flow ist es entscheidend, dass sich die Teammitglieder gegenseitig vertrauen und respektieren. Alle Teammitglieder müssen in der Lage sein, ihre Ideen und Bedenken frei zu äußern, um gemeinsam Lösungen zu finden. Dieses Sicherheitsempfinden bildet die Grundlage für ein Klima der Unbekümmertheit und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit.
- Offene Kommunikation: Ein ständiger und offener Informationsaustausch ist unerlässlich. Auch dafür sollte allen Beteiligten klar sein, dass es hier um eine Team- und keine Einzelleistung geht. So werden kein Wissen und keine Informationen mit dem Ziel, als Einzelperson zu glänzen, zurückgehalten.
- Gegenseitige Unterstützung: Die Teammitglieder sollten sich gegenseitig unterstützen und helfen, insbesondere in schwierigen Phasen des kreativen Prozesses. Auch hier gilt es wieder, sich bewusst zu machen, dass im Team-Flow jede*r Einzelne so erfolgreich ist wie das gesamte Team – und nicht umgekehrt.
- Gemeinsame Bewertung und Feedback: Regelmäßiges Feedback und eine gemeinsame Bewertung der Fortschritte sind wichtig, um sicherzustellen, dass das Team auf dem richtigen Weg bleibt. Dieses Feedback ermöglicht es, Anpassungen vorzunehmen und den Flow aufrechtzuerhalten.

Der Einsatz von Team-Flow in der Personalarbeit
Wie gesagt: Personalarbeit ist Teamarbeit. Der Erfolg der Personalabteilung hängt also nicht nur von den individuellen Leistungen der Personaler*innen ab, sondern auch davon, wie gut sie als Team funktionieren und mit anderen Abteilungen und den Mitarbeitenden zusammenarbeiten. Team-Flow kann hier zum Gamechanger werden, indem er diese Zusammenarbeit auf ein neues Niveau hebt.
Es sind vor allem drei Konstellationen in der Personalarbeit, in denen Team-Flow gewinnbringend eingesetzt werden kann:
1. Team-Flow innerhalb der Personalabteilung
Innerhalb der Personalabteilung arbeiten Personaler*innen an vielfältigen Aufgaben – von der Rekrutierung über die Mitarbeitendenentwicklung bis hin zur Konfliktlösung. Diese Tätigkeiten erfordern eine enge Zusammenarbeit, bei der unterschiedliche Fachkompetenzen und Perspektiven eingebracht werden müssen. Hier kann Team-Flow dazu beitragen, die Effizienz und Kreativität des HR-Teams erheblich zu steigern.
Nehmen wir als Beispiel die Entwicklung einer Rekrutierungskampagne für besonders schwer zu besetzende Stellen: Statt die Aufgabe auf die Schultern einer einzelnen Person zu legen, die dann ihrerseits Teilaufgaben an weitere Personen delegiert, wird ein abteilungsinternes Team quer durch die Abteilung gebildet. Das gemeinsame Ziel ist, die bislang offenen Stellen endlich und auch langfristig zu besetzen. Die Ideenfindung erfolgt in einem offenen Klima, in dem jede*r Input gibt. Aus diesem Team-Flow heraus können dann innovative Konzepte entwickelt werden, um die bislang offenen Positionen zu besetzen, etwa durch die Einigung auf unkonventionelle Kanäle oder die Beauftragung einer Agentur mit der Entwicklung möglichst ungewöhnlicher Employer-Branding-Maßnahmen.
2. Team-Flow in der bereichsübergreifenden Zusammenarbeit
Die Personalabteilung arbeitet häufig eng mit anderen Abteilungen zusammen, sei es bei der Umsetzung von Weiterbildungsmaßnahmen, der Entwicklung von Vergütungsstrukturen oder bei Change-Management-Prozessen. Auch der Erfolg dieser Zusammenarbeit hängt stark davon ab, wie gut die Teams miteinander kommunizieren, kooperieren und harmonieren – sprich: im Team-Flow sind.
Stellen Sie sich also beispielsweise vor, ein Unternehmen plant die Einführung einer neuen Software, die alle Abteilungen betrifft. Dazu wird ein Team bestehend aus HRler*innen, Mitarbeitenden der IT-Abteilung und Mitarbeitenden, die später mit der neuen Software arbeiten werden, zusammengestellt. Zielsetzung dieses Teams ist es, einen nahtlosen Einführungsprozess des neuen Programms zu gestalten. Die Zusammenarbeit nach den Regeln des Flows erlaubt es allen Beteiligten, ihre Ideen, Wissensvorsprünge, aber auch Bedenken in den Raum zu werfen. Gemeinsam entwickelt das Team ein Set von Workshops und interaktiven Schulungen, die allen betroffenen Mitarbeitenden den Übergang zu der neuen Technologie erleichtern und die Akzeptanz dieser Neuerung erhöhen.
3. Team-Flow in der Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden
Eine der wichtigsten Aufgaben der Personalabteilung ist die enge Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden, sei es bei der Entwicklung individueller Karrierepläne, der Lösung von Konflikten oder der Steigerung der Mitarbeitendenmotivation. Hier kann der Team-Flow dazu beitragen, eine Atmosphäre des Vertrauens und der Zusammenarbeit zu schaffen, in der alle Beteiligten das Gefühl haben, an einem Strang zu ziehen.
Ein Beispiel hierfür ist die Lösung von Konflikten zwischen Mitarbeitenden. Im Team-Flow, dessen Regeln allen Teammitgliedern vorab transparent gemacht werden, kann das HR-Team gemeinsam mit den Betroffenen eine Atmosphäre schaffen, in der offene und konstruktive Gespräche möglich sind. Durch diesen kollektiven Zustand des Flows können kreative Lösungen entwickelt werden, die nicht nur den Konflikt beilegen, sondern auch die Zusammenarbeit für die Zukunft stärken. So könnte beispielsweise ein Workshop zur Verbesserung der Teamdynamik entwickelt werden, der auf den spezifischen Bedürfnissen und Herausforderungen der bislang konfliktbelasteten Mitarbeitenden basiert.
Fazit: Team-Flow als Schlüssel zu erfolgreicher Personalarbeit
Die Magie des Team-Flows besteht darin, dass er nicht nur die kreative Leistung steigert, sondern auch das Arbeitsklima nachhaltig verbessert. Wenn Personalverantwortliche den Team-Flow aktiv fördern, tragen sie zu einer Unternehmenskultur bei, in der Zusammenarbeit und gemeinsamer Erfolg im Mittelpunkt stehen. Teams, die den Team-Flow kultivieren, können Herausforderungen besser meistern, innovative Lösungen entwickeln und eine positive, produktive Arbeitsumgebung schaffen, die das gesamte Unternehmen voranbringt.